Spaniens wachsendes Spielsuchtproblem unter Jugendlichen

Posted on: 16/09/2019, 04:42h. 

Last updated on: 16/09/2019, 05:11h.

Klaus Zimmermann Read More

Expertise: E-Sport, Gesetzgebung, Sport.

Die spanische Anti-Spielsucht-Vereinigung Federación Espa?ola de Jugadores de Azar Rehabilitados (FEJAR) ver?ffentlichte Ende letzter Woche ihre aktuellsten Daten und Erkenntnisse über die Entwicklung der Spielsucht unter spanischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Den Experten zufolge habe Spanien europaweit die h?chste Anzahl minderj?hriger Problemspieler. Auf der Suche nach Erkl?rungen für diese recht schnelle Negativentwicklung analysierte die FEJAR die Beweggründe junger Spieler sowie die Eigenschaften moderner Glücksspiele und deren Zug?nglichkeit.

Verlagerung der Risikogruppen

Mit der steigenden Beliebtheit von Glücksspielen und deren immer gr??er werdender Vielfalt und Zug?nglichkeit beobachten viele L?nder seit einigen Jahren ein alarmierendes Wachstum problematischen Spielverhaltens. Besonders gravierend scheint das Problem derzeit in Spanien zu sein.

Laut Juan Lamas, dem technischen Leiter der Federación Espa?ola de Jugadores de Azar Rehabilitados FEJAR [Seite auf Spanisch], habe sich die Risikogruppe Spielsuchtgef?hrdeter innerhalb der letzten acht Jahre stark verlagert.

W?hrend zuvor vor allem M?nner zwischen 35 und 45 Jahren den Gro?teil aller Spielsüchtigen ausgemacht h?tten, seien nun vor allem junge Menschen zwischen 18 und 25 betroffen.

Lamas gehe davon aus, dass die tats?chliche Anzahl junger Problemspieler noch deutlich gr??er ist als allgemein gesch?tzt. So würden bei den meisten Statistiken und Studien n?mlich keine Minderj?hrigen Spieler berücksichtigt, da diese an keiner Form des Glücksspiels legal teilnehmen dürften.

Dennoch h?tten viele Minderj?hrige ungehindert Zugriff auf Online Glücksspielangebote, da sie beispielsweise die Daten und Zahlungsmittel ihrer Eltern verwendeten.

Belegbar sei diese Entwicklung vor allem durch jene Jugendliche, die sich professionelle Hilfe suchen. Lamas erkl?rte, dass der Anteil jugendlicher Patienten in der Spielsuchttherapie vor 2011 noch bei 3,8 % lag. Zwischen 2012 und 2015 sei dieser Anteil auf 16 % angestiegen.

Sozialer Druck, ?ngste und digitale überreizung

Psychologen und Psychiater suchen nach m?glichen Erkl?rungen für die rasche Verbreitung des Spielsuchtproblems unter jungen Menschen. Laut Guillermo Ponce, einem auf Spielsucht spezialisierten Psychiater, seien mittlerweile doppelt so viele Jugendliche von Spielsucht betroffen wie Erwachsene. Damit übertreffe Spanien jedes andere europ?ische Land.

Ponce forscht dabei seit Jahren in verschiedene Richtungen. Einen Ansatzpunkt vermutet er in der neurobiologischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Zum einen h?tten diese ein sensibleres Belohnungszentrum im Gehirn als Erwachsene und zum anderen eine noch nicht vollends ausgebildete realistische Risikoabsch?tzung.

Glücksspiele seien des Weiteren so konzipiert, dass sie spezifische Reize in den Gehirnen der Spieler ausl?sen k?nnten, welche negative Gefühle wie Trauer und Angst, die viele Heranwachsende verspüren, tempor?r unterdrücken k?nnten.

Nicht zuletzt spiele laut Ponce aber auch der unter Jugendlichen h?ufige soziale Druck eine gro?e Rolle. ?hnlich wie beim Konsum von Drogen und Alkohol fühlten viele Jugendliche durch die Teilnahme am Glücksspiel eine Zugeh?rigkeit zu einer sozialen Gruppe.

Ist das Online Glücksspiel das Hauptproblem?

Unabh?ngig von den m?glichen biologischen oder soziologischen Faktoren analysierten Juan Lamas und die FEJAR insbesondere die Glücksspiele selbst und deren Beschaffenheit.

Die Experten h?tten beobachtet, dass Spielsüchtige heute deutlich andere Arten von Glücksspielen spielten als noch vor zehn Jahren. So sei damals bei gut 75 % der sich in Spielsuchttherapie befindenden Personen der klassische Spielautomat das Glücksspiel der Wahl gewesen.

Heute hingegen seien es eindeutig die Online Glücksspiele, insbesondere Sportwetten und Online Poker, die von Problemspielern genannt würden. Den Grund dafür sehe Lamas vor allem darin, dass die Anzahl der legalen und beworbenen Angebote in diesen Kategorien enorm angestiegen sei.

Auch der Aspekt, dass es bezüglich der Eins?tze und potentiellen Gewinnsummen online deutlich vielf?ltigere M?glichkeiten g?be, begünstige die Entwicklung problematischen Spielverhaltens.

So habe man beobachtet, dass vor der Verbreitung des Online Glücksspiels im Durschnitt fünf bis sechs Jahre vergangen seien, bis sich aus harmlosem regelm??igem Glücksspiel ein problematisches Spielverhalten entwickelt habe.

Heute zeigten vor allem viele junge Spieler bereits wenige Monate nach dem ersten Spiel eine eindeutige Spielsucht.

Für die FEJAR sind diese Erkenntnisse beunruhigend. W?hrend die Vereinigung selbst vor allem im Bereich der Aufkl?rung und der schnellen Vermittlung von Hilfe arbeitet, hofft sie auch auf ein Reagieren der Gesetzgeber, damit in Zukunft h?herer Spielerschutz geleistet werden kann.