Schweiz: Sensibili­sierungs­kampagne warnt vor Risiken beim Online Glücksspiel

Posted on: 29/10/2019, 12:10h. 

Last updated on: 29/10/2019, 12:15h.

Unter dem Motto ?Spielen ohne Sucht“ machen sich 16 Deutschschweizer Kantone seit Jahren gegen die Spielsucht stark. Nun haben die Verantwortlichen eine neue digitale Sensibilisierungskampagne auf den Weg gebracht. Unter sos-spielsucht.ch machen die Spielerschützer in diesem Jahr insbesondere auf die Risiken des Online Glücksspiels aufmerksam.

Schweizer Berge
Schweizer Suchtexperten warnen vor den Risiken des Glücksspiels im Internet (Quelle:pixabay.com)

?Nur noch Jackpot im Kopf?“

Die gemeinnützige Stiftung Sucht Schweiz macht das Online Glücksspiel zum Mittelpunkt ihrer Glücksspielsucht Kampagne 2019. Unter sos-spielsucht.ch?finden direkt und indirekt Betroffene von Online Glücksspielsucht Informationen und Beratung zum Thema. Auch Fachpersonen sollen durch das Angebot angesprochen werden.

Teil der Kampagne sind unter anderem kurze Clips, die die Fixierung auf das Glücksspiel mit einem Augenzwinkern aufs Korn nehmen. Unter Titeln wie ?Nur noch Jackpot im Kopf?“ oder ?Nur noch Rubbeln im Kopf?“ entführen sie den Zuschauer in Situationen, in denen die Realit?t auf absurde Weise vom Glücksspiel überlagert wird.

 

https://youtu.be/vgGHI41daSA

Das Resümee der Filmemacher: Glücksspiel kann süchtig machen, auch im Internet.

Nachdem zu Beginn des Jahres die rechtlichen Weichen gestellt wurden, sind seit einigen Wochen die ersten vier national lizensierten Online Casinos der Schweiz aktiv. Auf den Seiten der Spielbanken Davos und Pf?ffikon sowie der Grand Casinos Luzern und Baden k?nnen Schweizer Spieler seither erstmals rechtssicher im Internet um Geld spielen. Ausl?ndische Betreiber von Online Casinos dürfen ihre Angebote Schweizer Spielern seit Januar 2019 nicht mehr zur Verfügung stellen.

Risikofaktor Internet

W?hrend Politik und Industrie die Ver?nderungen auf dem Schweizer Glücksspielmarkt begrü?en, betrachten Suchtexperten das Online Glücksspiel mit Sorge: So gelten insgesamt rund 192.000 Schweizer als Risikospieler. Die h?chsten Risiken gingen Spieler im Internet ein, so die Verantwortlichen der ?Spielen ohne Sucht“-Kampagne.

 

Chips, Wuerfel, Karten und Kreditkarte auf Laptop
Bei Casino- und Wettangeboten im Internet ist das riskante Spielverhalten besonders verbreitet (Quelle:pixabay.com)

Dies belege eine bislang unver?ffentlichte Studie des Westschweizer Spielsucht-Pr?ventionsprogramms PILDJ. Auff?llig sei insbesondere, dass zwar nur 10 Prozent der Online-Spieler als risikogef?hrdet oder Problemspieler klassifiziert würden, diese aber für knapp 50 Prozent der Eins?tze in Internet verantwortlich seien.

Prozentual besonders hoch sei die Verbreitung des risikoreichen Spiels in den Bereichen Online Sportwetten und Online Casinos. Dadurch, dass Online-Lotterien und Rubbellose aber von 85 Prozent aller Internet-Glücksspieler gespielt würden, bliebe die Problemlast in absoluten Zahlen bei diesen vermeintlich harmloseren Spielen am h?chsten.

Den Grund für die hohe Risikobereitschaft im Online Glücksspiel sehen die Kampagnenleiter in der st?ndigen Verfügbarkeit der Angebote und einer diesbezüglich fehlenden sozialen Kontrolle. Betroffen seien im Durchschnitt vor allem jüngere und einkommensschwache Spieler.

sos-spielsucht.ch: Hilfe zur Selbsthilfe

Auch eine von der Eidgen?ssischen Spielbankenkommission (ESBK) in Auftrag gegebene und kürzlich ver?ffentlichte Studie hatte ergeben, dass das Risikospiel unter Schweizern im Online Sektor besonders verbreitet sei.

W?hrend der Anteil von Problemspielern unter den knapp 19.000 Befragten bei 2,8 Prozent gelegen habe, h?tten rund 22 Prozent der im Netz aktiven Spieler Anzeichen von riskantem oder pathologischem Spiel gezeigt.

Mit der Lancierung ihrer Kampagne m?chten die Schweizer Spielerschützer eigenen Angaben zufolge Betroffenen und deren Angeh?rigen ein niedrigschwelliges Hilfsangebot machen. Spielerisch aufbereitete Selbsttests sollen dabei helfen, das eigene Spielverhalten realistisch einzusch?tzen. Zudem werden dem Besucher diverse Tipps zum gesunden Umgang mit dem Glücksspiel im Internet an die Hand gegeben:

Spiele nur, wenn es dir gut geht: Geht es dir gut oder fühlst du dich einsam, ?ngstlich oder gestresst? Achtung: Wenn man in schlechter Verfassung spielt, trifft man oft keine guten Entscheidungen. Und wenn du spielst, weil es dir schlecht geht, sei dir bewusst, dass das Spielen keines deiner Probleme l?sen wird.

Betroffene und deren Angeh?rige haben zudem die M?glichkeit, sich telefonisch oder via Mailsystem kostenfrei und anonym pers?nlich beraten zu lassen. Auch die Kontaktaufnahme zu einer Beratungsstelle vor Ort wird von sos-spielsucht.ch erleichtert.

Regulierung und Spielerschutz

Mit der Entscheidung, Online Casinos offiziell zu regulieren, stellt sich die Schweiz auch den Anforderungen eines verst?rkten Spielerschutzes. Zweifellos bedeuten die st?ndige Erreichbarkeit und ?rtliche Unabh?ngigkeit der Online Angebote in diesem Kontext neue Herausforderungen.

Voraussetzung hierfür dürfte ein Maximalma? an Pr?vention und Transparenz sein. Das staatlich unkontrollierte Online Glücksspiel im Grau- und Schwarzbereich h?tte dies auf lange Sicht vermutlich nicht bieten k?nnen.