Weltgesundheitsorganisation stuft Videospielsucht offiziell als Krankheit ein

Posted on: 19/06/2018, 01:04h. 

Last updated on: 30/07/2021, 11:02h.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat gestern die Regierungen weltweit darüber informiert, dass pathologisches Online- und Videospiel offiziell als Krankheit anerkannt ist.

Videospielsucht laut WHO Krankheit
WHO stuft Videospielsucht offiziell als Krankheit ein. (Bildquelle: Web.de)

Diese Information bedeutet, dass Spielsucht in die Gesundheitssysteme integriert wird. Für die Betroffenen stellt diese Entscheidung eine Chance dar, durch von Krankenkassen finanzierte Ma?nahmen gegen ihr Leiden vorzugehen.

Die Grenze zwischen Leidenschaft und Sucht

Allerdings muss das Verhalten des Betroffenen bereits so schwerwiegend sein, dass es zu erheblichen Beeintr?chtigungen in pers?nlichen, famili?ren, sozialen und beruflichen Bereichen kommt. Experten befürchten, dass in einigen F?llen f?lschlicherweise eine Therapiebedürftigkeit diagnostiziert werden k?nne, wenn sich Menschen viel mit dem Online-Spiel besch?ftigen.

Doch um dies zu verhindern, werden in dem Katalog der WHO eindeutige Symptome beschrieben. Dies soll die ?rzte bei ihren Diagnosen unterschützen. Unter anderem geh?rt dazu, dass der Spieler alle anderen Bereiche seines Lebens vernachl?ssigt und weiterspielt, obwohl negative Konsequenzen drohen, bzw. bereits eingetreten sind.

Pokemon Go
Pokemon Go war ein gro?er Trend in der Spielerszene. (Bildquelle: pokemon.com)

Mark Griffiths von der Trent University in Nottingham in Gro?britannien, der sich bereits seit 30 Jahren mit dem pathologischen Videospiel-Verhalten besch?ftigt, betont, dass Online-Spiele aber nicht zwangsl?ufig ein Abh?ngigkeitsverhalten nach sich z?gen.

Die meisten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen spielen, weil sie den Reiz des Neuen suchen und sich auf diese Weise in der Freizeit besch?ftigen.

Griffiths verweist auf den Trend ?Pokemon Go“, der zwar einen kurzen, zwanghaften Ausbruch darstelle, aber noch lange keine Abh?ngigkeit sei.

Auch Joan Harvey, Sprecherin der britischen Psychologischen Gesellschaft, gibt Entwarnung und sagte, dass dies nicht bedeute, dass ein Kind, das stundenlang in seinem Zimmer daddle, abh?ngig sei.

Der Anteil der problematischen Spieler

Sch?tzungsweise 2,6 Milliarden Menschen weltweit spielen Online-Videospiele. Laut der US-amerikanischen Entertainment Software Association sind Jugendliche am st?rksten gef?hrdet, eine Videospielsucht zu entwickeln.

Einer der extremsten F?lle von Videospielsucht betrifft einen 15-j?hrigen Jungen aus London, der acht Wochen im Krankenhaus lag. Seine Eltern mussten ihn wegen seiner exzessiven Spielgewohnheiten ein Jahr aus der Schule nehmen, nachdem er aufgrund von mangelndem Selbstvertrauen das Haus nicht mehr verlassen konnte.

Für Griffiths ist die Entscheidung der WHO zielführend, denn ?rzte würden dabei unterstützt, die geeignete Behandlungsmethode zu w?hlen.

Er sagt:

?Videospielen ist vom psychologischen Standpunkt aus eine Art Glücksspiel ohne Geld. Beim Glücksspiel z?hlt das Geld, bei den Video- und Online-Spielen die Punkte.“

Seiner Meinung nach seien nur die wenigsten Spieler wirklich spielsüchtig. Er sch?tzt, dass ihr Anteil weit unter 1 % liege.

Griffiths vermutet, dass das eigentliche Problem woanders zu finden sei. So k?nnten bei den Betroffenen Depressionen, manisch-depressive Erkrankungen oder auch autistische St?rungen vorliegen.

WHO Logo
WHO stuft Videospielsucht als Krankheit ein. (Bildquelle: who.int)

Shekhar Saxena, Fachmann bei der WHO, vermutet, dass der Anteil der von krankhafter Spielsucht Betroffenen weitaus h?her liege. Er vermutet, dass bei 2-3 % der Vielspieler das Verhalten bereits zwanghaft sei.

Dr. Vladimir Poznyak von der Abteilung für psychische Gesundheit und Drogenmissbrauch der WHO sagte, Studien zufolge k?nnten zwischen 1 % und 6 % der Jugendlichen unter Spielsucht leiden.

Er richtet sich mit einem Rat an Eltern und Freunde der Spieler:

?Halten Sie die Augen offen. Wenn das Spielen das Leben beeintr?chtigt, Lernen, Arbeit und Sozialkontakte leiden, dann müssen Sie auf der Hut sein und vielleicht Hilfe suchen.“

Abh?ngigkeitsproblem kann schneller erkannt werden

Die Einstufung des exzessiven Online-Spiels als Krankheit hat den Vorteil, dass das Problem der Abh?ngigkeit schneller erkannt werden kann. Bei den Spielern handelt es sich sehr h?ufig um Jugendliche.

Henrietta Bowden-Jones vom britischen Royal College of Psychiatrists sagte dazu, dass die jungen Menschen nicht selbst?ndig nach Hilfe suchen. Vielmehr wenden sich besorgte Eltern und Angeh?rige an die Organisation. Mitunter zerbricht an dem pathologischen Spielverhalten des Betroffenen aufgrund der extremen psychischen Belastung die gesamte Familienstruktur.

Die Ausma?e der Videospielsucht und die Pr?ventionsma?nahmen

L?nder auf der ganzen Welt versuchen herauszufinden, wie dieses wachsende Problem bek?mpft werden kann. Die südkoreanische Regierung hat ein Gesetz erlassen, das Kinder unter 16 Jahren daran hindert, zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens Online-Spiele zu spielen.

In Japan erhalten Spieler Warnungen, wenn sie jeden Monat eine bestimmte Zeit damit verbringen, Videospiele zu spielen. In China hat das Internetunternehmen Tencent feste Stunden für den Zugang von Kindern zu Online-Spielen festgelegt.