Prozess um T?towierungen in Videospielen: Wem geh?rt die K?rperkunst?

Posted on: 02/01/2019, 12:50h. 

Last updated on: 02/01/2019, 01:27h.

Ein aktueller Prozess zeigt, dass sich Entwickler von Spielsimulationen wie Fifa oder NBA 2K, die m?glichst naturgetreue Klone der Stars auf den Screen bringen m?chten, auf dünnem Eis bewegen, wenn es um T?towierungen in Videospielen geht:

In den USA, wo die meisten der Gaming-Schmieden ans?ssig sind, liegen die Rechte an den Motiven der K?rperkunst n?mlich eigentlich bei den Künstlern.

Fu?ball, Tattoo
Real Life vs. Game: Wem geh?ren die T?towierungen in Videospielen? (Quelle:Danilo Borges, licensed under CC BY-SA 3.0)

Der K?rper als Medium

Laut der US-amerikanischem Beh?rde für Urheberrecht sind jegliche kreativen Illustrationen, die sich auf einem greifbaren Medium befinden, geeignet, im Sinne des Copyrights behandelt zu werden.

In Deutschland sieht sich der Gesetzgeber in Bezug auf Urheber- und Markenrecht bei T?towierungen auf Bewertungen im Einzelfall angewiesen.

Das T?towieren wird rechtlich eher im Bereich des Handwerks als der Kunst angesiedelt, in Fragen der Nutzung und Bearbeitung von Werken sind Sch?pfungsh?he und Individualit?t ausschlaggebend.

Die Einsch?tzung, ob (eigene) Tattoos ohne Zustimmung des T?towierers ver?ndert, entfernt oder gewerblich genutzt werden dürfen, ist nicht abschlie?end gekl?rt, schlie?lich stellt sich immer die Frage, inwieweit Eigentum an t?towierten Stellen anderer überhaupt m?glich ist.

Ob Gem?lde auf Leinwand, Graffiti an Wand oder eben T?towierung auf Haut – die Rechte liegen laut US-Recht beim Künstler und k?nnen somit nur von ihm ver?u?ert werden.

Im Normalfall stellt dies kein gr??eres Problem dar, da au?er Frage steht, dass der Tr?ger eines Tattoos dieses selbstverst?ndlich in der ?ffentlichkeit zeigen darf, ohne seinen T?towierer zuvor um Erlaubnis bitten zu müssen.

Spitzensport & Gaming: Wem geh?rt was?

Interessant wird diese geltende Auslegung des US-amerikanischen Copyrights aber dort, wo viel Geld im Spiel ist. In diesem Fall geht es um die milliardenschwere Verbindung von Spitzensport und Gaming.

NBA 2K16
Das Spiel NBA 2K: Wem geh?ren die Tattoo-Rechte? (Quelle:flickr.com/Bago Games, licensed under CC BY-SA 2.0)

Das Problem: In Spielen wie dem Basketball-Bestseller NBA 2K ist die m?glichst originalgetreue Nachempfindung der Sportler – und somit auch ihrer ?u?eren Merkmale wie T?towierungen – essentieller Bestandteil des Erfolgskonzepts. Nur handelt es sich nicht um Aufnahmen der realen Menschen, sondern um digitale Reproduktionen.

Das bedeutet, dass auch die Original-T?towierungen nicht nur dargestellt, sondern aktiv erzeugt werden. Und eben hier greift – wenn es nach einigen Künstlern und ihren Rechtsvertretern geht – das Urheberrecht.

Kampf für Künstler oder Geldmacherei?

Einer derer, die das Potenzial um die Vermarktung der K?rperkunst erkannt zu haben scheinen, ist Matthew Siegler, Gründer der Firma Solid Oak.

Laut Recherchen der New York Times (Link auf Englisch) sicherte sich der Gesch?ftsmann beizeiten die Rechte an den Kunstwerken mehrerer T?towierer. Wohl nicht zuf?llig befanden sich die Motive auf den K?rpern von Profisportlern wie NBA-Superstar LeBron James.

In der Folge verklagte Solid Oak den Spielehersteller Take Two: Bereits 2016 ging eine Klage in Bezug auf Urheberrechtsverletzungen in Bezug auf sechs T?towierungen beim Bundesbezirksgericht in New York ein.

Das aus dem Hause Take Two stammende Game NBA 2K16, das sich in den ersten Verkaufswochen über vier Millionen Mal verkauft hatte, habe die Werke dreier Tattookünstler widerrechtlich verwendet.

Zudem seien die verbesserten Darstellungen der T?towierungen von der Firma als besonderes Feature des Games beworben worden und h?tten auch in den Bewertungen des Spiels einen besonderen Stellenwert eingenommen.

Die Forderung in diesem Fall, der die Juristen aktuell besch?ftigt: Eine Entsch?digung in H?he von knapp 820.000 Dollar und weitere 1,14 Millionen für die Rechte an der zukünftigen Nutzung der Bilder.

Schweigende Firmen und entt?uschte T?towierer

Solid Oak-Gründer Siegler wollte sich laut New York Times nicht zu den Vorg?ngen ?u?ern und auch Take Two hielt sich mit Hinweis auf das laufende Verfahren ebenso bedeckt wie Branchenriese EA Sports.

FIFA EA Sports
Das Urteil k?nnte auch für Fifa-Entwickler EA Sports zum Pr?zedenzfall werden (Quelle:flickr.com/Bago Games, licensed under CC BY-SA 2.0)

Sollte Solid Oak vor Gericht stattgegeben werden, dürften sich auch die Macher der Fu?ballsimulation Fifa künftig vermehrt mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Darstellung von t?towierten Spielern, wie z.B. Superstar Lionel Messi, auseinandersetzen müssen.

Die eigentlichen Protagonisten dieses Rechtsstreits, der das Potenzial birgt, zum Pr?zedenzfall zu werden und gegebenenfalls eine wahre Klageflut auszul?sen, sind allerdings die betroffenen T?towierer.

Zwei von ihnen, Justin Rome und Shawn Wright, fühlen sich von Matthew Siegler und Solid Oak get?uscht:

Er wildert einfach bei den Künstlern.

Beide, Wright und Rome, h?tten nie vorgehabt, zu klagen. Der Plan sei gewesen, die Tattoodesigns in eine Bekleidungslinie zu integrieren, deshalb h?tten sie zugestimmt, Solid Oaks die Rechte an den besagten Motiven zu übertragen. Zu der Kollektion sei es nie gekommen, stattdessen fühlten sie sich nun von der Firma hintergangen und ausgenutzt.

Eigentum und Besitz: Wie geht es weiter mit T?towierungen in Videospielen?

Wie soll aber mit der Frage nach Besitz, Eigentum und Copyright umgegangen werden? Spielervertreter und Agenten raten ihren Schützlingen, sich mit ihren T?towierern zu einigen, bevor die Nadel angesetzt wird.

Um sp?tere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, k?nne man sich die Freigabe der K?rperkunst für Videospiele direkt unterschreiben lassen.

So hielt es auch Football-Star Mike Evans, der einer der wenigen t?towierten Akteure im Spiel Madden ist. Sein T?towierer, Gotti Flores, war nach eigener Angabe überrascht, dem Sportler überhaupt eine Freigabe für die diesbezügliche Nutzung geben zu müssen. Ein Problem sah er in dem Schriftstück aber nicht. Schlie?lich sei es doch eine Ehre, die eigene Kunst in diesem Game reproduziert zu wissen.

Mit dieser Haltung dürfte der Künstler nicht allein dastehen. Schlie?lich bedeutet ein Profispieler als Kunde, ob im realen Leben oder als virtuelle Adaption, auch immer eine beinah unbezahlbare Werbefl?che für den T?towierer und seine Arbeiten.

LeBron James
Stark t?towiert: NBA-Star LeBron James
(Quelle:flickr.com/Keith Allison, licensed under CC BY-SA 2.0)

NBA-Star unterstützt Gaming-Industrie

Basketballer LeBron James zeigte sich in einem kürzlich im Zuge des Prozesses ver?ffentlichten Statement ebenfalls erstaunt über den juristischen Vorgang, in dem es zwar um seine T?towierungen, nicht aber um ihn selbst geht.

In seinen 15 Jahren als Profi sei er niemals auf die Idee gekommen, nicht die kompletten Rechte an seinem Bildnis zu besitzen und auch kein T?towierer habe ihn aufgefordert, diese einzuholen.

Mit seinem Statement unterstützt James die Entwickler und Hersteller von Take Two uneingeschr?nkt:

Meine T?towierungen sind Teil meiner Person und meiner Identit?t. Würde ich ohne sie abgebildet, w?re es keine wirkliche Darstellung von mir.

Welche Entscheidung das Gericht in New York im Fall Solid Oaks vs. Take Two treffen wird, ist bislang nicht abzusehen. Eine Signalwirkung für Sport- und Gamingindustrie sowie T?towierer und ihre Kunden ist dem Urteil aber sicher.