Poker und Business: Welche Parallelen gibt es?

Posted on: 27/01/2019, 05:30h. 

Last updated on: 29/01/2019, 04:57h.

Pokerspielerin Maria Konnikova (34) referierte beim World Economic Forum im schweizerischen Davos über Poker- und Gesch?ftswelt.

Konnikova 2013
Psychologin. Autorin und Pokerspielerin Konnikova im Jahre 2013. (Quelle: Wikipedia)

Die promovierte Psychologin, die ihr Studium an der prestigetr?chtigen Harvard Universit?t absolvierte, erkl?rte, welche Hürden Optimismus und Freundlichkeit für wirtschaftliche Entscheidungsprozesse darstellen k?nnen.

In ihrem Vortrag schilderte die 34-j?hrige Amerikanerin, wie überh?hter dazu führen kann, dass Personen nach negativen Entscheidungen die Tendenz entwickeln, sich als Pechv?gel zu betrachten.

Der Wille, Fehlentscheidungen zu erkennen und einzur?umen, sei hingegen weniger stark ausgepr?gt.

Um übersteigerten Optimismus zu vermeiden, schl?gt die Wissenschaftsautorin des The New Yorker einen ?Bob-Next-Door-Test“ vor. Personen sollten sich nach einem ungewollten Geschehensausgang fragen, was sie ihrem Nachbarn in derselben Lage geraten h?tten.

Das World Economic Forum in Davos

Das Weltwirtschaftsforum in Davos ist ein seit 1971 j?hrlich stattfindendes Treffen von Politikern, Wirtschaftsführern und Intellektuellen, die sich im Rahmen des Gipfels über die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft austauschen.

Zudem kommen im Rahmen des ?Young Global Leader“- und des ?Global Shapers“-Programms junge Führungskr?fte und Ideengeber zusammen, um über die Zukunft der Welt zu beraten.

Konnikovas Untersuchungen sind nicht nur für Wirtschaftsbosse interessant, die auf einem umk?mpften Markt kostspielige Unternehmensentscheidungen tragen müssen. Auch professionelle Pokerspieler k?nnten von den Analysen profitieren.

Sie neigen h?ufig dazu, Verluste dem blo?en Pech oder der Varianz im Pokerspiel zuzuschreiben, und missachten dabei die Erheblichkeit ihrer Entscheidungen am Pokertisch.

Das Problem mit der Freundlichkeit

Auch Freundlichkeit ist nach Konnikova ein Hindernis für rationale Entscheidungsprozesse.

W?hrend ihrer Pokerkarriere habe sie gelernt, Freundlichkeit als Waffe einzusetzen. Spieler, die einen positiven Eindruck von ihr hatten, spielten eher passiv gegen sie und h?tten andere Ziele für ihre Aggression gew?hlt.

Ob eine freundliche Ausstrahlung auch gegen die Pokerelite zum Erfolg ausreicht, bleibt offen. Konnikova hat zwar über 274.800 Dollar (ca. 241.000 Euro) in Turnierpreisgeldern gewonnen, bislang allerdings fast ausschlie? an Events mit kleinen und mittleren Buy-ins teilgenommen.

Hochstapler erkennen und davon profitieren

Beim Wirtschaftstreffen im schweizerischen Davos referierte die Harvard-Psychologin aber nicht nur darüber, wie Entscheidungsprozesse verbessert werden k?nnten, sondern über ihre Erfahrungen mit Hochstaplern, die sie im Buch ?The Confidence Game“ verarbeitete.

Hochstapler sind Menschen, die zu betrügerischen Zwecken Scheinidentit?ten annehmen und damit über ihre wahren Absichten t?uschen.

Davos in der Schweiz
Davos ist eine kleine Stadt in den Schweizer Alpen. (Quelle: Pixabay)

Ein passendes Thema, schlie?lich haben es Pokerspieler in ihrem Alltag permanent mit Bluffs zu tun.

Um Hochstaplern nicht auf den Leim zu gehen, r?t Konnikova dazu, so viel wie m?glich über das Verhalten eines Menschen zu lernen. Als guter Beobachter müsse man auf verr?terisch abweichendes Verhalten achten. Kleine und gro?e Widersprüche im t?glichen Handeln und Erz?hlen k?nnten auf einen Hochstapler hinweisen.

Die Parallelen zwischen Wirtschaftswelt und Pokerspiel sind dabei kaum zu übersehen. Auch professionelle Pokerspieler achten bei Turnieren und Cash-Games auf sogenannte ?Tells“. Tells sind Verhaltensweisen, die von aufmerksamen Spielern ausgenutzt werden k?nnen.

Denkbar ist beispielsweise das auff?llige Schlucken eines Spielers, der blufft, oder das H?ndezittern eines Spielers, der ein besonders gutes Blatt h?lt.

Geübte Pokerspieler, die diese Verhaltensweisen ihrer Gegner deuten und richtig bewerten k?nnen, sind am Pokertisch in der Lage, besser Entscheidungen zu treffen und dadurch h?here Gewinne zu erzielen.

So kam die Psychologin zum Poker

Wie die junge Psychologin zum Poker kam, k?nnte Material für einen eigenen Roman sein. Im Interview mit der New York Times?(Link auf Englisch) erz?hlte Konnikova, wie sie auf der Suche nach neuen Ideen für ein Sachbuch auf John von Neumanns Klassiker ?Spieltheorie und wirtschaftliches Verhalten“ stie?.

Die darin entwickelte Spieltheorie basiert auf Neumanns Erfahrung mit dem Pokerspiel und inspirierte Konnikova darüber nachzudenken, ob Erfolg im Leben mehr auf Glück oder Geschick basiert.

Kurzerhand entschloss sie sich zu einem Experiment. Die Wissenschaftlerin würde ein Jahr lang das Pokern erlernen, an Pokerturnieren teilnehmen und ihre Erfahrungen in einem Buch verarbeiten.

Doch um bei gro?en Turnieren erfolgreich zu sein, brauchte es viel übung. Der New York Times verriet Konnikova, wie sich ihr Leben durch das Poker-Sabbatical ver?nderte:

?Ich habe Poker für acht bis neun Stunden am Tag studiert, gespielt, gelebt und geatmet. Jeden Tag! Wenn ich nach Turnieren unterwegs oder in New York war, habe ich gelesen oder Live-Streams von sehr guten Spielern angesehen.“

Bei der Verbesserung ihres Spiels half ihr vor allem der bekannte Pokerprofi Erik Seidel, der im Laufe des Jahres zu Konnikovas Coach wurde und ihr fortan mit Rat und Tat zur Seite stand.

Er hatte sicherlich Anteil am bisher gr??ten Triumph der 34-J?hrigen, einem Sieg im No Limit Hold′em National Event beim Pokerstars Caribbean Adventure 2018.

Der Erfolg bescherte Konnikova mediale Aufmerksamkeit und verhalf ihr zu einem Sponsoring durch PokerStars.

Einzig Dr. Konnikovas literarische Karriere k?nnte unter dem Triumpf leiden. Mittlerweile kündigte die Psychologin an, dem Turnierpoker l?nger als beabsichtigt treu bleiben zu wollen und das Buchprojekt zu verschieben.