Italienische Exklave Campione k?mpft nach Casino-Schlie?ung ums überleben

Posted on: 27/05/2019, 12:21h. 

Last updated on: 27/05/2019, 12:31h.

In der italienischen Exklave Campione d’Italia h?tten am Sonntag parallel zu den Europawahlen die Kommunalwahlen stattfinden sollen. Doch es gab keine Kandidaten und die Abstimmung wurde abgesagt. Dies ist nur eine der Folgen, mit denen Campione seit der Schlie?ung des gr??ten Casinos Europas zu k?mpfen hat.

Casino di Campione
Das Casinò di Campione musste im Juli 2018 schlie?en – mit schwerwiegenden Folgen für die Gemeinde. (Bild: Wikipedia)

Das Casinò di Campione hatte der Stadt jahrelang zu Wohlstand verholfen, heute k?mpft die Gemeinde ums überleben. Gegenüber des modernen, zehn Stockwerke hohen Baus zeugt ein riesiges Banner mit der Aufschrift ?SOS Campione ist tot“ von den Schwierigkeiten, denen sich die Bewohner der italienischen Exklave nun ausgesetzt sehen.

Campione d’Italia ist eine italienische Exklave mit rund 2000 Einwohnern. Campione liegt in der italienischen Provinz Como, befindet sich jedoch mit einer Fl?che von gerade einmal 2,6 Quadratkilometern auf Schweizer Gebiet und ist vom Kanton Tessin umgeben.

Diese Besonderheit geht auf Napoleon Bonaparte zurück, der Campione im Jahr 1797 der Zisalpinischen Republik als italienische Tochterrepublik zuschlug, w?hrend das Tessin zum Schweizer Kanton wurde. Campione war jahrzehntelang für sein Casino bekannt gewesen, das erstmals im Jahr 1917 er?ffnete.

Nach einer Schlie?ung im Jahr 1919 ?ffnete es 1933 erneut und blieb bestehen, bis das alte Casino-Geb?ude 2007 durch ein neues ersetzt wurde. Der moderne Palast wurde von dem Schweizer Architekten Mario Botta entworfen und befand sich, ebenso wie das alte Casino, im st?dtischen Besitz.

Jahrelang waren die Einnahmen des Casinò di Campione gut. Dann jedoch führten eine lange Rezession in Italien und die St?rkung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro zu Verlusten: Das Casino erwirtschaftete seine Einnahmen in Euro, zahlte aber einen festen Betrag in Schweizer Franken an den Staat. Die Zahl der Angestellten stieg mit der Zeit auf 100 Gemeindeangestellte und rund 500 weitere Mitarbeiter an – in einer Stadt mit gerade einmal 2000 Einwohnern. Bald konnten Ausgaben und Geh?lter nicht mehr gezahlt werden.

Die Schlie?ung des Casinò di Campione und ihre Folgen

Zuletzt beliefen sich die Schulden auf rund 73 Millionen Euro und die Liste der Gl?ubiger nahm stetig zu. Sie reichte vom Stadtb?cker über die lokale Feuerwehr bis hin zu Banken und Glücksspielunternehmen, die Kredite in Millionenh?he gew?hrt hatten. Im Juli 2018 wurde das Casino schlie?lich geschlossen.

Mit der Schlie?ung verloren nicht nur viele Menschen in Campione ihre Jobs, sondern die Jüngeren auch ihre Perspektive. Fiorenzo Dorigo, der 21 Jahre lang im Casino gearbeitet hatte, berichtet:

?Diejenigen, die das Glück hatten, hier geboren worden zu sein, hatten glücklicherweise auch einen Job. Hatte man erst einmal seine Ausbildung und den Milit?rdienst abgeschlossen, vereinigte man sich mit all seinen Klassenkameraden wieder“

– und zwar bei der Arbeit im Casino.

Mit der Schlie?ung des Casinos l?sten sich diese Einkommenssicherheit und diese Kameradschaft in Luft auf und die Atmosph?re der Gemeinde, die einst von italienischer Leichtigkeit gepr?gt war, erscheint seitdem trist. Doch die Einwohner hoffen darauf, dass das Casino irgendwann wieder aufersteht.

Hoffnungen auf eine Wiederauferstehung

Erst im M?rz hatte ein Mail?nder Berufungsgericht die Insolvenzentscheidung des Gerichtes von Como widerrufen, da es einen formalen Mangel im Verfahren festgestellt hatte. Nun k?nnte eine neue Entscheidung zur Insolvenz verlangt werden. Auch die italienische Regierung soll bereits die M?glichkeit einer Neuer?ffnung geprüft haben.

Die Einwohner jedenfalls bestehen darauf, dass Rom in die Entwicklung eingreift. So sagte beispielsweise der Gewerkschafter Vincenzo Falanga, dass Campione zu Italien geh?re und nicht einfach im Stich gelassen werden k?nne.

Campione d'Italia
Campione d’Italia ist als italienische Exklave vom Schweizer Kanton Tessin umgeben. (Bild: Wikipedia)

Auch weitere Vorschl?ge, die die Gemeinde Campione retten k?nnten, werden hei? diskutiert und beinhalten Ideen wie Investitionen in den Tourismus oder in neue Technologien. Doch die Zeit ist knapp, denn bereits im n?chsten Jahr soll Campione, das bisher lediglich Teil des Hoheitsgebiets der Europ?ischen Union war, Teil des EU-Zollgebiets werden. Dies dürfte neue Herausforderungen für den Alltag der in die Schweiz eingebetteten Exklave aufwerfen.

Welche Auswirkungen die anstehenden ?nderungen haben, bleibt vorerst ungewiss und auch die Beh?rden in Bern ?u?ern sich diesbezüglich nur verhalten: Es seien Gespr?che mit Italien über die Auswirkungen der ?nderungen in Gange, Einzelheiten hierzu wurden aber nicht bekanntgegeben.

Eine Wiederauferstehung des Casinos ist unterdessen kurzfristig nicht absehbar. Private Investitionen sind unwahrscheinlich und die bankrotte Gemeinde dürfte kaum in der Lage sein, das Casino wiederzubeleben.