Neue eSports-Mode für Frauen erntet viel Kritik

Posted on: 05/03/2019, 12:54h. 

Last updated on: 21/06/2019, 05:27h.

eSports boomt und wird weltweit von vielen hundert Millionen weiblichen und m?nnlichen Fans gespielt. Eine britische Firma brachte deshalb am Wochenende ein speziell für Frauen entworfenes eSports-Dress auf den Markt, und erntete dafür massive Kritik von der User-Gemeinde.

Werbung Cranium Apparel
Die Werbung stie? auf viel Kritik (Bild: craniumapparel.co)

Die Idee an sich klingt gut und erfolgversprechend: Eine eSports-Kleidungskollektion für Frauen. Was in anderen Bereichen und Sportarten l?ngst gang und g?be ist, sollte auch im eSports gute Aussichten auf hohe Verkaufszahlen haben, so das Kalkül der Hersteller.

Doch wie schmal der Grad zwischen Zustimmung und bei?ender Kritik ist, musste das Bekleidungsunternehmen Cranium Apparel am Wochenende erleben. Die Firma hatte am Samstag auf ihrer Webseite und Social Media Kan?len wie Twitter und Facebook auf ihre neue Fashion-Kollektion für Frauen aufmerksam gemacht.

Kritik an Stil und Werbeaussage

Es handelt sich dabei um relativ knapp geschnittene, ?rmellose Kleider, die aus “hochqualitativem, hautfreundlichen Polyester” gefertigt seien. Stolz gab der Hersteller an, mit seinem Dress den Spielerinnen eine vollkommen “neue Identit?t” zu schenken.

Die Wirkung der Aktion blieb nicht aus, denn die Netzgemeinde reagierte auf der Stelle. Allerdings nicht so, wie Cranium Apparel sich das vorgestellt hatte: Statt Beifall, Interesse und Lob hagelte es Kritik an dem Outfit und den Beweggründen der Firma.So kommentierte der Dota 2-Organisator Eri Neeman auf Twitter:

“Mit dieser Aktion habt ihr euch in den Fu? geschossen. Manche Leute h?tten das Dress vielleicht gekauft, aber zu behaupten, es verleihe Frauen eine neue Identit?t, ist einfach falsch und zeugt von Ignoranz.”

Andere Nutzer honorierten die Idee, eSports-Kleidung für Frauen zu entwerfen, kritisierten jedoch ebenfalls die Art und Weise, wie die Firma das Outfit bewerbe. Der Hersteller bemühte sich um Schadenbegrenzung und entschuldigte sich für die missverst?ndliche Wortwahl seiner Werbung.

Doch auch der enganliegende Schritt der Kleider wurde kritisiert. So gaben weibliche eGamer an, dass sie bei den Turnieren aktiv spielen wollten, anstatt bei “Cheerleader-übungen” aufzutreten.

Twitter-Post Cranium Apparel
Cranium entschuldigte sich via Twitter (Bild: Twitter/Cranium)

Zudem wurde Cranium Apparel von einigen Frauen Sexismus vorgeworfen. Sie monierten, dass sich bestimmt nicht alle Spielerinnen in einem knappen Kleid wohlfühlen würden und dass der Hersteller lieber entsprechend geschnittene Shirts, Trikots oder Leggings für Frauen anbieten solle.

Keine Frauen an der Kollektion beteiligt

Es kam für Cranium Apparel allerdings noch schlimmer, denn auf die Frage, ob Frauen in den Entwicklungsprozess des neuen Dresses eingebunden worden seien, erkl?rte Cranium Apparel kleinlaut, dass es ein rein m?nnlich besetztes Entwickler-Team hat.

Deshalb seien keine Frauen direkt an dem Projekt beteiligt gewesen. Immerhin h?tten sie bei “ersten Recherchen” wertvollen Input zu dem Thema geliefert.

eSports und Mode
Die Modeindustrie hat Kleidung für eSportler als wachstumstr?chtigen Markt für sich entdeckt. Bisherige Nischenanbieter wie Cranium Apparel oder H4X dr?ngen deshalb aus ihren bisherigen Vertriebskan?len hinaus. So sind H4X einer der Hutsponsoren des ESL One Turnierreihe und werden ab sofort beim US-H?ndler Macy’s online und in über 50 Stores verkauft.

Auch die gro?en Sportswear-Konzerne haben den Wert der boomenden Sportart l?ngst erkannt. So wird Nike künftig Gro?sponsor der chinesischer “League of Legends”-Liga. Auch Konkurrent Adidas mischt in der Szene kr?ftig mit. Unter anderem unterstützen Sie das frischgebackene FIFA19-Weltmeister-Team von KiNG eSports mit Trikots.

Am Montag gab Cranium Apparel bekannt, dass es sich die Kritik zu Herzen nehmen und die Kollektion überdenken werde. Es bedankte sich für das Feedback der Nutzer und bat seine Kunden darum, auf zukünftige Neuigkeiten für die Frauen-Modelinie zu warten.

Auf Twitter bekr?ftigte der Anbieter zudem noch einmal seine Unterstützung von Frauen im eSports:

“Es ist wirklich h?chste Zeit, dass wir etwas für weibliche Gamer tun, die so viel Gegenwind in der Netz-Community erfahren. Bleibt stark. Wir respektieren euch!”

eSports bei M?dchen und Frauen immer weiter verbreitet

Die Popularit?t von eSports-Games h?lt insbesondere bei den unter 40-J?hrigen unvermindert an. Und im Unterschied zu früher, wo Computer-Videospiele haupts?chlich von Jungen und m?nnlichen Jugendlichen gespielt wurden, stellen die weiblichen Spieler mittlerweile fast die H?lfte der eGamer.

So ermittelte der Branchenverband der deutschen Gaming-Branche 2017, dass knapp die H?lfte aller Deutschen zu den Nutzern von Computer- und Videospielen geh?ren und dass davon 47 % weiblich seien.

Auch die Szene der ambitionierten Profispieler ist im Wandel, denn l?ngst sind es nicht mehr nur Jungen und M?nner, die bei den eGames aktiv sind. Inzwischen mischen auch immer mehr M?dchen und Frauen erfolgreich bei FIFA, League of Legends, Overwatch oder Fortnite mit.

Zwar bilden professionelle Frauen-Mannschaften bei den Turnieren derzeit eher noch die Ausnahme, doch es gibt bereits einige Profi-Teams, die mit einer rein weiblichen Mannschaft bei den Events antreten.

Nicht zuletzt deshalb dürften sich künftig mehr Hersteller mit Frauen-Kollektionen befassen. Die schlechten Erfahrungen von Cranium Apparel werden ihnen allerdings als warnendes Beispiel dienen.