Blizzard sperrt Profi-Gamer wegen Solidarit?ts­bekundung zu Hongkonger Protestlern

Posted on: 12/10/2019, 05:30h. 

Last updated on: 11/10/2019, 07:05h.

Spieleentwickler Blizzard hat den Hongkonger Hearthstone- Profi Ng “blitzchung” Wai Chung in der vergangenen Woche für ein Jahr von allen Turnieren ausgeschlossen, weil er sich einem Post-Game-Interview offensiv solidarisch mit der Protestbewegung in seiner Heimat gezeigt hatte. ?Nun erf?hrt das Unternehmen gro?e Kritik für seine Entscheidung.

Proteste in Hongkong
Der Profi-Gamer solidarisierte sich mit der Protestbewegung in Hongkong (Quelle:Studio Incendo, licensed under CC BY-SA 2.0)

?Freiheit für Hongkong“ in Livestream

Momentan wird das Hearthstone Turnier GrandMaster 2019 Season 2 – Asia-Pacific ausgetragen. Neben den Spielen k?nnen Zuschauer auch Hintergrundberichte und Interviews im Livestream verfolgen. In der vergangenen Woche führte ein Interview taiwanesischer Caster mit Profi Gamer blitzchung zu einem Vorfall, der sich mittlerweile zu einem handfesten Skandal ausgebreitet hat.

In Hongkong protestieren seit Monaten Millionen Einwohner gegen einen wachsenden Einfluss Chinas auf die weitgehend unabh?ngige Sonderveraltungszone. Immer wieder kommt es dabei zu gewaltt?tigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Staatliche chinesische Medien bezeichnen die Protestler als ?Kriminelle“ und Hongkong als ?untrennbaren Teil der chinesischen Volksrepublik“.

Zum Gespr?ch erschien der eSportler mit einer Gasmaske vor dem Gesicht. Kürzlich hatte die Hongkonger Regierung ein Vermummungsverbot erlassen, das explizit auch Atemschutzmasken, mit denen sich Demonstranten vor Tr?nengas schützen, miteinbezieht. Nachdem er das Mundstück abgenommen hatte, verkündete blitzchung sein Statement, das übersetzt ungef?hr so viel bedeutete, wie ?Befreit Hongkong, das ist die Revolution der Jugend“.

 

Wohl in Erwartung des Geschehnisses waren die beiden Interviewer zu diesem Zeitpunkt bereits auf Tauchstation gegangen. Um nicht mit der politischen Aussage in Verbindung gebracht zu werden, versteckten sie sich hinter ihrem Schreibtisch. Auf Anfrage der Gaming-Seite invenglobal erkl?rte blitzchung seine Aktion in einem Statement:

Wie ihr wisst, gibt es jetzt ernsthafte Proteste in meinem Land. Mein Ausruf im Stream war nur eine weitere Form der Teilnahme an dem Protest, auf den ich mehr Aufmerksamkeit lenken m?chte. Ich habe in den letzten Monaten so viel Arbeit in diese soziale Bewegung gesteckt, dass ich mich manchmal nicht mal darauf konzentrieren konnte, mein Gro?meister-Match vorzubereiten. Ich wei?, was meine Aktion im Stream bedeutet. Es k?nnte mir viel ?rger bereiten, sogar meine pers?nliche Sicherheit im wirklichen Leben gef?hrden. Aber ich denke, es ist meine Pflicht, etwas zu diesem Thema zu sagen.

Strafe: Politisch oder unpolitisch?

Wie erwartet folgte der ?rger auf dem Fu?e: Zun?chst verschwanden die Aufnahmen der Szene aus den offiziellen Kan?len Blizzards. Danach erkl?rte das Unternehmen in einem offiziellen Statement (Seite auf Englisch), dass es w?hrend des Interviews zu einer Verletzung der Turnierregeln gekommen sei.?Auf die politische Tragweite der Geschehnisse ging Blizzard nicht ein.

Dabei zitierte man die hauseigenen Richtlinien, die es Teilnehmern der Grandmaster Turniere verb?ten, sich so zu verhalten, dass es ?ihnen ?ffentlichen Misskredit einbringe, ?ffentliche Gruppierungen oder Teile der ?ffentlichkeit beleidige oder Blizzard Schaden zufüge“.

Die Konsequenzen für ein solches Verhalten legt das Regelwerk auch fest: Verst??e würden mit dem Ausschluss aus dem Turnier und einer einj?hrigen Sperre für alle Blizzard-Events geahndet. Zudem werde das bisher erspielte Preisgeld auf 0 gesetzt. Genauso erging es nun blitzchung.

Eigenen Angaben zufolge habe Blizzard zudem die Zusammenarbeit mit den beiden Interviewern mit sofortiger Wirkung beendet.

Boykottforderungen in sozialen Netzwerken

In der Community st??t das Vorgehen des Konzerns auf wenig Verst?ndnis. Bereits kurz nach Bekanntwerden der Sperre blitzchungs formierte sich unter anderem auf Twitter der Protest.

Brian Kibler
Auch Kommentator Kibler kritisiert die Blizzard-Entscheidung (Quelle:invenglobal.com)

Unter #BoycottBlizzard und #BoycottBlizz fordern Spieler den Boykott des Konzerns. Gaming-Legende und Hearthstone-Turnier-Kommentator Brian Kiebler bezeichnete die Strafe in einem Statement als unverh?ltnism??ig.

Er kündigte an, bis zu einer Kl?rung der Angelegenheit nicht wie geplant als Gastgeber des Grandmasters-Finale bei der Spielemesse BlizzCon zur Verfügung zu stehen.

Auch Mitarbeiter des Konzerns zeigen sich solidarisch mit blitzchung und den Aktivisten in Hongkong. So kursieren Bilder, auf denen Teile der Belegschaft mit Regenschirmen, dem Zeichen der Hongkonger Protestbewegung, posieren.

Zudem sollen Mitarbeiter Zeichen gesetzt haben, indem sie die Unternehmensleits?tze ?Denk global“ und ?Jede Stimme z?hlt“ am Hauptsitz des Unternehmens mit Papier verdeckten.

Blizzard in der Zwickmühle

Auch die amerikanische Politik hat sich mittlerweile eingeschaltet. Unter anderem kritisierte der demokratische US-Senator Ron Wyden Blizzard scharf:

Chinas Unterdrückung von gewaltlosem Widerspruch ist schon abscheulich, wenn sie in China stattfindet – es ist allerdings unfassbar verst?rend, wenn amerikanische Firmen willentlich an der Propagandakampagne der chinesischen Regierung mitwirken.

Es bleibt abzuwarten, ob sich Blizzard von dem vielfach ge?u?erten Unmut beeindrucken l?sst und die Strafe blitzchungs umwandelt. Tats?chlich scheint es, als befinde sich das Unternehmen in einer Zwickmühle:

Abgesehen davon, dass das Image bereits einen schweren Kratzer erlitten hat, k?nnte eine Aufhebung der Strafe als Zeichen der Inkonsequenz interpretiert werden und Nachahmer anziehen. Bleibt man bei der Entscheidung, dürften die Proteste weiterhin massiv für Unruhe und ebenfalls unabsehbare Aktionen sorgen.