Spielsüchtiger klagt beim Europ?ischer Gerichtshof für Menschenrechte gegen Island

Posted on: 26/11/2019, 12:24h. 

Last updated on: 26/11/2019, 01:07h.

Der Europ?ische Gerichtshof für Menschenrechte in Stra?burg hat jetzt beschlossen, den Fall des Isl?nders Guelaugur Jakob Karlsson zu verhandeln. Der Spielsüchtige hat den isl?ndischen Staat auf Schadenersatz verklagt, weil dieser den Betrieb von Spielautomaten zulasse.

Europ?ischer Gerichtshof für Menschenrechte in Stra?burg
Der Europ?ische Gerichtshof für Menschenrechte verhandelt demn?chst den Fall eines Spielsüchtigen gegen den Staat Island. (Bild: Wikipedia/CherryX, CC BY-SA 3.0)

Klage mehrfach abgewiesen

Bereits im Jahr 2016 verklagte Karlsson den isl?ndischen Staat auf Schadensersatz. Karlsson begründet seine Klage mit dem Argument, dass der isl?ndische Staat das Gesetz breche, indem er den Betrieb von Spielautomaten erlaube, die seine Spielsucht verursacht und ihm finanziellen sowie emotionalen Schaden zugefügt habe.

Die Lizensierung der Spielautomaten versto?e gegen Artikel 183 des isl?ndischen Strafgesetzbuchs, der ein Verbot von Glücksspielen vorsehe.

Reykjavík, Hauptstadt von Island
Das Amtsgericht in Reykjavík hatte die Klage von Guelaugur Jakob Karlsson gegen den Staat bereits abgewiesen. (Bild: Wikipedia/pjt56, CC BY-SA 3.0)

Karlsson fordere daher vom Staat eine Entsch?digung in H?he von 76.800.000 isl?ndischen Kronen (ca. 567000 Euro) zuzüglich der Rechtskosten.

Im Jahr 2017 wies das Amtsgericht in Reykjavík die Klage ab. Nachdem Karlsson gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte, best?tigte das Berufungsgericht im Oktober 2018 die Entscheidung des Amtsgerichts. Daraufhin beantragte Karlsson beim Obersten Gerichtshof Islands Rechtsmittel, doch auch hier wurde sein Antrag abgewiesen.

In einer Erkl?rung, die der isl?ndischen Tageszeitung Morgunblaeie [Seite auf Isl?ndisch] vorliege, hei?t es, der Kl?ger habe somit nach allen M?glichkeiten gesucht, vor einem isl?ndischen Gericht zur einer fairen Entscheidung zu gelangen. Ihm bliebe nun nichts anderes mehr übrig, als beim Europ?ischen Gerichtshof für Menschenrechte Berufung einzulegen.

Der Anwalt Karlssons, Tóreur Sveinsson, erl?utert, dass der in Stra?burg zu verhandelnde Fall Fragen zur Glücksspielgesetzgebung Islands aufwerfe:

?Spielautomaten sind erlaubt, die als die extremste Form des Glücksspiels gelten. Und dann werden Leute angeklagt, weil sie andere dazu einladen, Poker oder Roulette um Geld zu spielen.“

Casinos verboten, aber Spielautomaten erlaubt

W?hrend Casinos in Island verboten sind, sind für den Betrieb von Spielautomaten zwei Organisationen lizensiert. Eine von ihnen ist íslandspiel, das dem isl?ndischen Roten Kreuz, der isl?ndischen Vereinigung für Suche und Rettung und dem nationalen Zentrum für Suchtmedizin geh?rt. Der zweite Lizenznehmer ist die Icelandic University Lottery, die von der Universit?t von Island betrieben wird.

Spielautomaten sind in Island seit dem Jahr 1993 erlaubt. Sie sind unter anderem in Bars, Tankstellen und Restaurants zu finden. Insgesamt gibt es 970 Spielautomaten im Land, die jeweils einen Gewinn von 2.955.000 isl?ndischen Kronen (ca. 21.900 Euro) j?hrlich einbringen.

Neben Spielautomaten sind in Island Lotterien, Rubbellose, Binge, Sportwetten und Tombolas erlaubt, jedoch unter der Bedingung, dass die Einnahmen für Wohlt?tigkeitszwecke verwendet werden und eine Genehmigung durch den jeweiligen Bezirkskommissar vorliegt.

Der Betrieb von Spielautomaten ist in Island nur den genannten ?ffentlichen Institutionen gestattet, private Anbieter sind von der Lizensierung ausgeschlossen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Einnahmen für Wohlt?tigkeitszwecke verwendet werden. Gleichwohl wies Daniel Thor ólason, Professor für Psychologie an der Universit?t von Island, erst gestern in einem Interview darauf hin, dass in Island zu wenige Behandlungsm?glichkeiten zur Verfügung stünden.

Rund 6.000 Isl?nder mit Glücksspielproblemen

ólason wies auf eine Umfrage hin, dessen jüngste Ergebnisse das isl?ndische Justizministerium Ende des vergangenen Jahres pr?sentierte.

Dieser sei zu entnehmen, dass der Anteil der Spieler im Jahr 2017 auf 18,4 Prozent gestiegen sei, w?hrend er 2011 noch bei 14,9 Prozent gelegen habe. Die Anzahl der Spieler mit problematischem Spielverhalten liege bei rund 6.000.

Problematisch sehe ólason vor allem die fehlenden Behandlungsm?glichkeiten im Land und die bestehenden Regulierungen zum Glücksspiel. Untersuchungen zeigten, dass Spielautomaten am h?ufigsten mit Spielsucht in Verbindung gebracht würden. Das Gesundheitswesen sei zugleich nicht auf die Behandlung von Spielern vorbereitet. Es sei ein Paradox, dass die Universit?t von Island als Institution, die im Bereich der Behandlung der Spielsucht arbeitete, zugleich auch die Erl?se aus den Spielautomaten erhalte.

W?hrend in anderen nordischen L?ndern staatliche Unternehmen Glücksspiele anb?ten und der Staat entscheide, wohin die Gelder aus den Erl?sen fl?ssen, werde das Glücksspiel in Island von ?ffentlichen Institutionen betrieben. Kümmerte sich der Staat um das Angebot an Glücksspielen, w?re eine bessere Kontrolle m?glich – ein Argument, dem auch Guelaugur Jakob Karlsson folgt.

Es bleibt abzuwarten, ob sich der Europ?ische Gerichtshof für Menschenrechte dieser Argumentation anschlie?en wird. Ein Verhandlungstermin sei für diesen Fall noch nicht angesetzt.